Der „Biograf“

Ernst von Waldenfels – ein würdiger Biograf?

In Deutschland ist das Buch Ernsts von Waldenfels „Nikolai Roerich – Kunst, Macht und Okkultismus“ herausgegeben worden. Dieses Buch mit 560 Seiten wird durch Zeitungsartikel und Internet-Shops aktiv beworben. Der Autor verwendet unveröffentlichte Tagebücher Elena Roerichs (die man trotzdem auf russischsprachigen Webseiten finden kann, wie der Autor selbst schreibt), Tagebücher von Louis Horch und Ester Lichtmann. Außerdem verwendet er Bücher und Artikel von V. Rosow, I. Sivers, A. Andreew, O. Schischkin usw. Für die Auswahl des Materials war von Waldenfels in den USA, Indien und mehrfach in Russland. Jedoch hat sich der Autor, wie aus den im Buch angegebenen Quellen ersichtlich, nicht an die Archive des Internationalen Roerich-Zentrums in Moskau gewandt, die weltweit anerkannt sind als Zentrum der Forschung des schöpferischen Erbes der Roerichs. Vielmehr hat er diejenigen Leute in Russland befragt, die schon seit langem verleumderische Bücher über die Roerichs schreiben.

Aus den Rezensionen des Buches in deutschen Zeitungen und im Internet wird schnell klar, welchen Inhalt das Buch hat und welches Ziel der Autors verfolgt, der eine Biografie Nikolaj Roerichs vorstellt, die “ausschließlich auf gründlichen Recherchen” basiert. Und, so wird dort gesagt, das Buch ist “das volle Gegenteil der Verheimlichungen, der Mystifikationen oder der Missbilligungen, die bislang bekannt oder unbekannt waren”. Der Autor schreibt über den großen Maler und die Persönlichkeit des öffentlichen Lebens wie über einen dunklen Mystiker, als ob dunkle Gedanken seiner Wahrnehmung des Erbes Roerichs zugrunde liegen?! Übrigens, Nikolaj Roerich mochte weder Mystik noch Rätselhaftigkeit, die ihm zugeschrieben werden. Das Wort “Mystik” bedeutet „Nebel, Unbekanntes, Unklares“. Für Nikolaj Roerich existierte Mystik nicht. Ihm war eine breite Weltanschauung eigen.

Das Buch gibt ein verzerrtes Bild des großen Malers, Gelehrten und Denkers unserer Zeit wieder, es gestattet den Lesern nicht, die vielseitige und beharrliche Arbeit Roerichs für das Allgemeinwohl kennen zu lernen. Die Tätigkeit vieler großer Vorreiter der Kultur wurde stets von dunkler Verleumdung begleitet, aber muss man das Übel vervielfachen?

Bereits nach dem Durchlesen des Vorwortes des Buches, wo der Autor auf die Tagebücher von Doktor K. N. Rjabinin verweist („Enthülltes Tibet“), lassen sich die Ungenauigkeiten der Übersetzung von Zitaten, deren willkürliche Kürzungen und sogar offensichtlich falsche Übersetzungen erkennen, die den Sinn des Gesagten verfremden. Ein Beispiel: Im Buch steht: „Die Flagge von Buddha Matreya ist fertiggestellt. Das Ziel der Mission, die als erste in der Geschichte ohne Maskierung und Geheimnistuerei auftritt, ist die Schaffung eines wahren Buddhismus und von erregender Bedeutung.“ Im russischen Original hingegen steht geschrieben “Das Banner Matreyas ist vollendet! Das Ziel der Mission, zum ersten Mal in der Geschichte ohne Maskierung und Verheimlichung den Grundlagen des wahrhaften Buddhismus gewidmet, beunruhigt durch seine Bedeutsamkeit”. Und der Autor folgert bereits daraus, dass die Ziele Zentralasiatischen Expedition zweifellos religiösen Hintergrund hatten. Alle Expeditionen Nikolaj Roerichs trugen Forschungs- und kulturellen Charakter. „Außer künstlerischen Aufgaben wollten wir in unserer Expedition mit der Situation von Denkmälern des Altertums Zentralasiens bekannt machen, den momentanen Zustand der Religion, der Bräuche studieren und die Spuren der großen Völkerwanderung entdecken“, – schrieb Nikolaj Roerich in seinem Buch „Die Blumen Morijas. Wege des Segens. Das Herz Asiens“ (Riga: Vieda-Verlag, 1992, S.160).

Ernst von Waldenfels stützt sich in seiner Arbeit auf die Meinung jener Zeitgenossen Nikolaj Roerichs, die ihn noch zu Lebzeiten verraten haben. Dabei verwendet er wenige eigene Arbeiten der Roerichs, indem er darauf hinweist, dass zum Beispiel die Übersetzung der Bücher und zahlreichen Briefe Elena Roerichs für ihn schwierig sei und sie angeblich einen okkulten und schwer zu verstehenden Sinn haben. Vielleicht hätte der Autor gar kein Buch schreiben sollen über einen solch bedeutenden Menschen wie Nikolaj Roerich?! Bedeutet eine solche Arbeit doch vor allem das Studium des facettenreichen Schaffens Roerichs.

Ziel des Verfassens diese Buches wird klar: Diskreditierung eines hervorragenden Menschen, russischen Malers, Gelehrten, Reisenden und Persönlichkeit des öffentlichen Lebens wie Nikolaj Roerich. Einige Personen in Russland, mit leidenschaftlichem Wunsch nach Verzerrung des Bildes von Nikolaj Roerich und seiner Familie, haben in der Person des Ernst von Waldenfels einen Kampfgenossen gefunden, dessen Voreingenommenheit in Bezug auf Nikolaj Roerich schon aus dem Vorwort klar wird.

Am Ende des Buches äußert er seine Dankbarkeit gegenüber Daniel Entin und Aida Tulskaja aus dem Roerich-Museum in New York, da sie dem Autor „zu einer neuen Sichtweise auf Nikolai Roerich und seine Familie verhelfen”. Mit Dankbarkeit schreibt der Autor über A. Andreew und O. Schischkin über die gewährten Materialien, über Wladimir Rosow, „der Entdecker ‚des großen Plans‘, der sich die Zeit nahm, mir all die Schwierigkeiten zu schildern, die ihm seine Leidenschaft eingebracht hat, sowie Iva Silars, der seine Forschungsergebnisse zur Familiengeschichte der Roerichs mit mir teilte; (…)“.

Den Autor des Buches verwirrt die Tatsache nicht, dass am 18. Januar 1996 das Twerer Interkommunalgericht Moskaus eine Klage des Internationalen Roerich-Zentrums gegen O. Shishkin über den Schutz von Ehre und Würde positiv entschieden hat. In der Begründung hat das Gericht die Informationen, die in den Artikeln O. Schischkins enthalten sind, als nicht der Wahrheit entsprechend befunden. Das Moskauer Stadtgericht hat dieses Urteil bestätigt. Gegen die Habilitationsarbeit Rosows, der verleumderische Erklärungen zur Expedition Roerichs enthält, sind die wissenschaftliche und kulturelle Öffentlichkeit Russlands und anderer Länder aufgetreten. Diese Tatsachen sind dem Autor bekannt, davon kann man ausgehen.

Heute wird auf den Webseiten des Internationalen Rates der Roerich-Organisationen und Foren viel über die Bücher Andreews geschrieben, der den Sinn des Schaffens Roerichs absolut verzerrt.